Jahresbericht 2022 - Technische Hochschule Georg Agricola

Unsummen ein und machten die Sklavenhandels-, aber auch die Erzlieferantennationen reich. Den Profit steigern Zu Beginn dieses Handels bestanden die Manillen aus hochwertig aufbereiteten Metallen. Kupfer aus Schweden, der heutigen Slowakei oder dem Mansfelder Land westlich von Halle wurde in Barren – sogenannten Reißscheiben – ins RheinMaas-Gebiet gebracht. In Köln oder Aachen wurde das Kupfer eingeschmolzen, zu Messing oder Bronze verarbeitet und schließlich zu Manillen gegossen. Millionenfach nach Westafrika verschifft, wurden diese eingetauschten Manillen zunächst einmal als Gussmaterial verwendet. Die berühmten „Benin-Bronzen“, 1897 von den Briten aus dem Königreich Benin geraubt, durch Händler in ganz Europa verkauft und heute Zentrum der Restitutionsdiskussion, sind aus dem Material solcher Manillen gefertigt. Gleichzeitig zur Produktion der Manillen auf dem europäischen Festland begann im England des 17. und 18. Jahrhunderts eine eigene Manillenproduktion. Dr. Tobias Skowronek untersuchte unter anderem die Reife eines geborgenen englischen Handelsschiffs der Royal African Company aus dem 17. Jahrhundert, das bei der Rückkehr aus der Karibik bei einem Sturm im Ärmelkanal gesunken war. „Diese englischen Manillen sind von deutlich schlechterer Qualität als die, die in der Region Köln/Aachen hergestellt wurden. Das steigerte den Profit des Sklavenhandels erheblich“, erklärt der Wirtschaftshistoriker. Spurensuche 100 Manillen aus insgesamt sieben Schiffswracks, die zwischen 1524 und 1843 gesunken waren und später geborgen wurden, untersuchte Dr. Skowronek für dieses Forschungsprojekt. Pro Manille wurden etwa 50 mg Metallspäne entnommen, in einer Mischung aus verdünnter Salz- und Salpetersäure gelöst und im Massenspektrometer auf ihre chemische Zusammensetzung untersucht – hinsichtlich der Spuren etwa von Silber, Gold, Wismut, Arsen und Antimon. Zudem analysierte der Geochemiker die Bleiisotopenverhältnisse. „Das sind die Marker, mit denen die Lagerstätte eines Rohstoffs bestimmt werden kann.“ Daten zu solchen Lagerstättenmarkern haben Geologen in aller Welt über Jahrzehnte zusammengetragen. Allein das Deutsche Bergbau-Museum Bochum hat die Bleiisotopen-Daten von rund 12.000 Lagerstätten katalogisiert. Bei den von Dr. Skowronek untersuchten englischen Manillen ergab sich, dass ihre Erze aus Cornwall stammen und in Südengland in einem oberflächlichen Prozess aufbereitet wurden. Archäologische Funde wiederum lassen eine grobe Datierung dieses Prozesses zu: In einer Glockengießerei in Exeter, die bereits um 1650 geschlossen wurde, fand man beispielsweise die Schmelzform einer Manille. Das Resultat dieses Prozesses waren Manillen schlechter und billiger Kupferqualität, was den Gewinn aus dem Sklavenhandel im Verhältnis zu den Manillen aus zentraleuropäischer Produktion noch einmal deutlich steigerte. Ein Gewinn, der direkt in die Entwicklung einer technisierten Arbeit und damit in die Industrialisierung fließen konnte. Beprobung der Funde: Manillen und Messingstangen werden zunächst vermessen und gewogen, … … dann werden Metallspäne entnommen. Ihre chemische Analyse gibt Aufschluss über die Lagerstätte der verwendeten Erze. 33 Maschinenbau und Materialwissenschaften

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