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Die Energie aus dem MüllForschungsbohrung

Methan ist eines der stärksten Treibhausgase, weitaus klimaschädlicher als Kohlenstoffdioxid. Es ist aber auch ein hochenergetisches Gas und Bestandteil von Erd- und Biogas und eine wichtige Quelle der Strom- und Wärmegewinnung. Und es ist ein Faulgas, das entsteht, wenn die Organik in alten, längst geschlossenen Hausmülldeponien unter Sauerstoffabschluss zersetzt wird. Der Geotechniker und THGA-Professor Dr. Frank Otto und der Lehrbeauftragte Dipl.-Chem. Jürgen Kanitz haben es sich zur Aufgabe gemacht, dieses Methan einer energetischen Nutzung zuzuführen. Die Altdeponie Baroper Straße in Bochum soll ihnen künftig als Forschungsobjekt dienen.

Aus Müll entsteht Energie

Im Bochumer Stadtteil Langendreer erstreckt sich rund um die Baroper Straße die gleichnamige Altdeponie. Als die Deponie in den 1970er-Jahren verschlossen und mit Oberboden bedeckt wurde, begann der organische Inhalt in ihrem Inneren, sich zu zersetzen. Nahe der Erdoberfläche, wo noch Sauerstoff an die organischen Abfälle gelangt, wandeln sauerstoffliebende, aerobe Bakterien die Organik in Kohlenstoffdioxid und Wärme um. Diese Wärme nutzen wiederum die anaeroben Bakterien – die also für ihren Stoffwechsel keinen Sauerstoff benötigen – in tieferen Schichten, um den organischen Inhalt der Deponien abzubauen: Es entsteht Deponiegas.

Es gärt zu langsam

Jahrzehntelang wurde angenommen, die Umsetzung der Organik in den Mülldeponien sei nach 30–40 Jahren abgeschlossen. Tatsächlich zeigen Bohrungen in Deponiekörpern, dass ein großer Teil der einst eingelagerten Organik nicht zersetzt ist. Den Berechnungen Professor Dr. Ottos zufolge dürfte der Zersetzungsprozess in einer Deponie von der Größe der Baroper Straße unter "natürlichen" Bedingungen weitere 260 Jahre andauern. Damit gehört die Deponie zu einer von rund 4.000 verschlossenen Altdeponien Deutschlands, in denen der gelagerte organische Abfall nach wie vor aktiv ist, das Deponiegas aber recht ineffektiv produziert wird und zudem stetig an die Atmosphäre entweicht.

Deponiegas fördern

Deponiegas aus alten Müllkippen abzusaugen und energetisch zu nutzen, ist nicht abwegig. Ohnehin werden fast alle Altdeponien mittels Gasbrunnen besaugt, um die Umgebung, insbesondere wie an der Baroper Straße die Keller naher Wohngebiete, vor dem giftigen und explosiven Gas zu schützen. Das verbraucht vor allem viel teuren Strom. Die Schwierigkeit liegt nicht generell im Absaugen des Gases, sondern darin, den Umsetzungsprozess so zu beschleunigen und zu verbessern, dass konstante Mengen Deponiegas gefördert werden können. Doch Professor Otto und Kollege haben Lösungen gefunden. Nicht nur zur Sanierung alter Gasbrunnenanlagen, sondern auch, um künftige Anlagen dauerhaft betreiben zu können und dadurch die Diffusion des Methans zu unterbinden.

Forschungsdeponie Baroper Straße

Die Technik der Wissenschaftler klingt relativ simpel: Statt durchgängig geschlitzter Rohre wird in die Bohrung ein bis beinahe zum unteren Ende geschlossenes Rohr eingelassen, das auch nur im unteren Teil verfiltert wird. Die einzelnen Gasbrunnen werden regelmäßig über die Deponie verteilt. Der Sauerstoff wird dadurch gleichmäßig in die Deponie eingesogen, die Organik nicht trichterförmig rund um den Brunnen, sondern wie im Labor vorgesehen von oben nach unten zersetzt.

Idealerweise sollen mehrere Förderbrunnen angelegt werden, die das Deponiegas optimiert absaugen, das anschließend in Strom und Wärme umgewandelt wird. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass damit 350 bis 500 herkömmliche Backöfen in Dauerbetrieb genommen werden könnten. Weil darüber hinaus Wärme entsteht, mit der selbst in strengen Wintern etwa 20 Einfamilienhäuser beheizt werden könnten, liegt der wirtschaftliche Nutzen auf der Hand.

Ansprechpartner

Prof. Dr. rer. nat. Frank OttoProfessor im Bereich Geotechnik und Angewandte GeologieProfessor of Geo-Engineering

E-Mail
Frank.Otto[at]thga.de
Telefon
+49 234 968-3235
Büro
G1 R311
Zur Person

Jürgen KanitzLehrbeauftragter im Bereich Geotechnik und Angewandte GeologieLecturer in Geo-Engineering

E-Mail
Juergen.Kanitz[at]thga.de
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