Sie sind schwer, hufeisenförmig und waren die Währung des Sklavenhandels – sogenannte Manillen sind das Geheimnis hinter der Herstellung der Benin-Bronzen. Das hat nun ein Forscherteam rund um Dr. Tobias Skowronek, Geochemiker und Postdoc an der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA), entschlüsselt. Ihre Ergebnisse haben sie nun in der renommierten Online-Fachzeitschrift "PLOS ONE" veröffentlicht.
Die Benin-Bronzen sind weltberühmte Skulpturen und Reliefs aus Messing, die im Königreich Benin, im heutigen Nigeria, angefertigt wurden – und während des Zeitalters der Kolonisation Afrikas als Beutekunst nach Europa und in die USA verkauft wurden. Die Herstellung der Bronzen war lange Zeit ein Rätsel. Es wurde vermutet, dass Manillen, armreifenförmige Reife aus Messing – auch „Sklavengeld“ genannt – für die Herstellung verwendet wurden. Bewiesen werden konnte dies aber bisher nicht.
Dem Forscherteam ist es aber nun gelungen, indem sie mit dem Massenspektrometer im Forschungslabor des Deutschen Bergbau-Museums Bochum Manillen aus unterschiedlichen Regionen untersuchten. Für die frühen Manillen wurde ein direkter Zusammenhang mit dem Messing gefunden, das für die Herstellung der berühmten Benin-Bronzen verwendet wurde. „Die Benin-Bronzen sind die berühmtesten antiken Kunstwerke in ganz Westafrika. Woher die enormen Mengen an Metall kamen und wie Benin sein Messing erhielt, war aber lange Zeit ein Rätsel“, sagt Skowronek. „Endlich können wir nachweisen, dass das für die Meisterwerke aus Benin verwendete Messing, von dem man lange annahm, es stamme aus Großbritannien oder Flandern, im Rheinland abgebaut wurde. Die rheinischen Manillen wurden dann über 6.300 Kilometer nach Benin transportiert. Dies ist das erste Mal, dass eine wissenschaftliche Verbindung hergestellt wurde.“
Die analysierten Funde stammen vor allem von Wracks von Handelsschiffen, die von Europa nach Afrika unterwegs waren, oder auf dem Rückweg aus der Karibik waren. Skowronek, der am Wissenschaftsbereich für Maschinenbau und Materialwissenschaften an der THGA tätig ist, stieß während seiner Doktorarbeit über Metallhalbfabrikate der Frühneuzeit auf das Thema. „Niemand konnte genau sagen, wer oder wo diese millionenfach produzierten Reife hergestellt worden waren - dem wollte ich mit naturwissenschaftlichen Analysen auf den Grund gehen“, sagt er.
Seine Ergebnisse sind von großer gesellschaftlicher Relevanz, da die Diskussion um die Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria auf ihrem Höhepunkt ist. Der Artikel in "PLOS ONE" ist ein wichtiger Beitrag zur Diskussion um die Rückgabe der Benin-Bronzen und zur Aufklärung der Rolle Deutschlands im Sklavenhandel. Die Forschung wurde von der Fritz-Thyssen-Stiftung gefördert.
Redaktion: Marek Szabowski